Der MCR auf Gotthelfs Spuren
Nach zwei langen Pandemie-Jahren beschloss der Vorstand des Männerchors Rüti (MCR) dieses Jahr wiederum eine Sängerreise zu organisieren für alle aktiven und ehemaligen Sänger des MCR. Dessen Organisation wurde an Herbert Rüegg und an den Schreibenden übertragen, der aber eine Statistenrolle innehatte. Im März wurden die Anmeldungen versandt und folgende Sänger haben sich angemeldet.
Aktive Sänger: Koni Risch (Präsident), Heinz Rothenberger (Vorstand), Ruedi Baumann (Vorstand), Röbi Kohler, Mike Wäspi, Dieter Schwarz, Jakob Schlumpf, Frank Geser, Paul Lienhard, Heinz Bosshard, Kurt Scherrer, Peter Bamert, Karl Popp, Herbert Helbling, Marcel Meier, Dietmar Markward, Herbert Rüegg, Bruno Helbling, Giampaolo Ballini, Martin Gysin, Walter Hüppin und Hansruedi Winiger (Fähnrich)
Ehemalige Sänger: Hermann Loosli (ehem. Fähnrich) und Adolf Gertsch
Dirigent/Chorleiter/Stimmbildner: Davide Galassi
Samstag, 3. Juni 2023
Die fröhliche Sängerschar trudelte am Samstagmorgen bei trockenen Wetter und leicht bedecktem Himmel (Temperatur 16°C) ab 7:20 Uhr auf dem Klosterplatz, Nähe Amthaus, in Rüti ein und begrüsste sich. Pünktlich um 7:30 Uhr fuhr der grosse 25-plätzige Car der Firma Schneider-Reisen AG vor. Der Car-Chauffeur Rolf Eberl hatte sofort die Sympathien auf seiner Seite. Nach dem Verlad der Koffer und Taschen und dem Einstieg der Sänger startete die Fahrt ab 7:50 Uhr Richtung Kirchdorf (AG) für einen Kaffeehalt. Dort stiess dann auch unser Dirigent Davide zu uns. Um etwa 9:45 Uhr hiess es wieder in den Car einsteigen und Rolf fuhr uns perfekt zum nächsten Ziel Biel-Schiffstation. Hier angekommen, bei schönem und warmen Wetter (ca. 20°C), konnte auf das erste kühle Bier angestossen werden. Kurz vor 12:00 Uhr bestieg die gutgelaunte Sängerschar das Schiff für die Fahrt nach Erlach. Die Mittagsverpflegung ‘Bielerseeplättli’ mundete, der kühle Bielersee-Wein dazu hob nochmals die tolle Stimmung. In Erlach angekommen führte eine kurze Wanderung zum Rebbaumuseum Schafis, wo uns Frau Maja Möckli die Geschichte zum Rebbaumuseum näher brachte. Selbstverständlich alles bei einem Glas Schafiser Chasselas. Die aufgetischten Weissweingläser durften mitgenommen werden und gehören heute zum Inventar des MCR und werden seitdem für den Weisswein-Ausschank in den Gesangsproben-Pausen eingesetzt.
So um 15.15 Uhr hiess es dann wieder den Car zu besteigen für die Weiterfahrt ins Emmental, nämlich zu unserem Hotel Appenberg in Zäziwil. Währen der schönen Fahrt unterliess es unser Chauffeur nicht, da und dort auf Sehenswürdigkeiten hinzuweisen. Vor allem die liebliche Hügellandschaft mit den charakteristischen Emmentaler-Bauernhöfen mit den Rundbogen und grossen Dächern. Um etwa 17:30 Uhr war Ankunft im Ressort Appenberg und jeder Sänger bezog sein Zimmer.
Zum Emmental: von Marianne Plüss (Der Unter-Emmentaler, 03.08.2020)
Das Emmentaler Bauernhaus – ein Meisterwerk der Zimmermannskunst
Das Emmental liegt abseits vom grossen und lauten Tourismus. Gerade deshalb ist es den Besuch wert. Zu Fuss oder mit dem E-Bike die Gegend zu erkunden, ist hier ein unglaublicher Genuss. Wenig Verkehr, keine lauten Touristen. Hier kann man noch Stille finden und zur Ruhe kommen.
Emmental · Eingebettet in einer mystischen und melancholisch anmutenden Hügellandschaft, begegnet man hier altem Kulturgut und einem Stück Vergangenheit. Das Emmental ist ein typisches Einzelhofgebiet, mit vollumfänglich aus Holz gebauten Häusern. Diese liegen verstreut, in kleinen Gruppen, abseits vom Lärm der grossen weiten Welt.
Das schönste Haus der Schweiz
Das Emmentaler oder auch Berner Bauernhaus ist mit Abstand eines der schönsten Häuser der Schweiz. Diese jahrhundertealten und erhaltenswerten Bauwerke sind eine Summe von konstruktiven, funktionalen und formalen Elementen, die ihresgleichen suchen. Fachleute definieren sie als «komplette bauliche Individuen mit einer eigenen Ausstrahlung und von formvollendeter Schönheit».
Mehrere Gebäude geben ein Ganzes
Zu einem stattlichen Berner Gehöft gehörten schon immer mehrere Gebäude. Da ist einmal das imposante, stattliche Haupthaus. Unter seinem riesigen Dach finden wir die Dreschtenne, die Heubühne, die Ställe und den Wohntrakt mit einer schönen Vorderfront. Im Erdgeschoss sind Küche und Stuben untergebracht, im ersten Stock die «Gaden», die ganz früher oft als Lagerraum benutzt wurden und später zu Schlafstuben für Bedienstete oder die zahlreichen Kinder wurden. Zum Hof gehörte meist auch der Stock oder das «Stöckli», ein kleineres Nebenhaus. Hier ziehen sich die Eltern zurück, wenn sie den Hof der nächsten Generation weitergegeben haben. Wohlhabende Bauern besassen auch ein Ofen- oder Waschhaus. Darin wurde gebacken und gewaschen und nicht selten durften auch ärmere Nachbarn es benutzen. Denn Waschen und Backen waren Gemeinschaftsarbeiten, die vom Aufwand her von mehreren Personen erledigt werden mussten. Etwas abseits wegen der Brandgefahr, aber immer in Sichtweite wegen möglicher Diebe, baute man einen mit schweren Schlössern mehrfach gesicherten Speicher. Hier bewahrte man Saatgut, Dörrobst, Dörrbohnen, getrocknete Kräuter, das Mehl, die Aussteuer, das Bargeld, die Trachten, schönes Zaumzeug, Gerätschaften, den Schmuck, Verträge und Wertpapiere auf. Die schweren Schlüssel dazu trug die Bauersfrau meistens auf sich, sorgsam am Schurz befestigt. Wer reich genug war, baute auch noch ein Küherhaus oder ein Knechtenhaus.
Vielen Zwecken dienlich
Das Emmentaler Bauernhaus ist ein so genanntes langgestrecktes Vielzweckhaus, und ein absolut einzigartiges Mehrgenerationenhaus. Es beherbergte meistens sehr viele Bewohner. Es bot nicht nur Wohnraum für den Bauern und seine Familie, sondern oft auch für ledige Geschwister und behinderte Angehörige, die auf dem Hof blieben, und ebenso für die betagten Eltern, wenn kein Stock für deren Lebensabend vorhanden war. Zu der Zeit, als es noch Mägde und Knechte gab und einen Melker und einen Karrer brauchte, wohnten diese mit dem Bauer und seiner Familie unter einem Dach. Ihnen wurden im oberen Stockwerk die hinteren, dunklen Kammern, die «Gaden» genannt wurden, zugedacht, wenn es denn kein Knechtenhaus gab.
Raum für alles, was es braucht
Das Berner Bauernhaus hat auffallend viele vorhandene Böden, Lauben und Aufhängevorrichtungen. Im niederschlagsreichen Hügelland dienten sie dazu, Futter, Getreide, Flachs, Baumfrüchte, Kräuter und Gemüse zu trocknen. Auch eine Rauchkammer zum Räuchern von Fleischwaren durfte nicht fehlen. Über der Küche baute man oft auch noch einen Zwischenboden ein, um Getreide zu trocken. Es war auch ein Webkeller vorhanden, wo man sein eigenes Leinen wob. Das Haus bot also genug Raum für viele Menschen, für jede Art von Tätigkeiten und jegliche Form von Roh- und Fertigprodukten. Vom Hof Schlegel in Huttwil ist überliefert, dass dort um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts über zehn Personen im gleichen Haushalt lebten. Das waren die Grosseltern, dann die Eltern, elf Töchter und als Jüngster ein Sohn, dann noch ein Karrer und ein Melker. Zu gewissen Zeiten auch in Not geratene Angehörige. Manchmal wohnten auch ein Störmetzger oder Störnäherinnen, ein Sattler oder sonst ein Handwerker für ein paar Tage auf dem Hof, bis das vom Bauer oder der Bäuerin aufgetragene Werk erledigt war.
Im Wandel der Zeit
Das Berner Bauernhaus hat sich immer weiterentwickelt. Bedürfnisse veränderten sich. Mit den neueren Anbaumethoden gab es grössere Ernten, es brauchte mehr Lagerraum. Man erweiterte, baute zusätzliche Geschosse, höhere und ausladende Dächer. Kenner der Bauernhäuser können auch auf Anhieb sagen, zu welcher Epoche ein Bauernhaus jeweils gehört. Mehrgeschossige Dispositionen der Häuser und das hügelige Gelände führten dann dazu, dass das Obergeschoss des Wirtschaftsteils (Bühne) seit dem 16. Jahrhunderts mit Hocheinfahrten erschlossen wurde. Die Beschaffenheit des Geländes bestimmte jeweils die Lage der Hocheinfahrt.
Genaues Ausrichten und Einbetten
Es fällt vor allem Fremden immer wieder auf, wie perfekt die Höfe des Emmentals in die Landschaft eingebettet sind. Es wurde nämlich sorgsam darauf geachtet, dass das Haus entweder der Hügel- oder aber der vorhandenen Tallinie entsprechend positioniert wurde. Das vermittelt uns den Eindruck, dass die Bauten mit der Landschaft wie zu einer vollumfänglich harmonischen Einheit zusammengewachsen sind. Mit der Ausrichtung des Hauses markierte man die Hauptseite, mit welcher das Haus mit seiner Umgebung funktional in Kontakt trat und den Besucher auf sich aufmerksam machte. Die so genannte Ründi, ein typisches und häufiges Element, ist ein dekorativer Verschalungsbogen an der Vorderfront. Die Ründi hat vor allem repräsentative Zwecke und ihre Aufgabe war und ist es, den Betrachter zu beeindrucken. Etwas, das bis auf den heutigen Tag gelingt.
Grossartige Handwerkskunst
In ihrer Stattlichkeit sind die Berner Bauernhäuser kaum zu übertreffen. Ihre Schönheit zeugt von handwerklichen Meisterleistungen. Geniale Arbeiten von Zimmerleuten, die weder Hochbauzeichner waren noch Architektur studiert hatten, sondern ihr Handwerk sorgsam vom Meister beigebracht kriegten. Heute nennt man das nobel «Learning by doing – man lernt es, indem man es tut». Die beeindruckende formale Ästhetik ist unvergleichlich und unübertroffen. Hier paarte sich das über viele Generationen von begabten Zimmerleuten erworbene Wissen und Können mit der Wohlhabenheit einer Bauherrschaft, die repräsentieren wollte und die viel Freude an der Zierde hatte. Man wünscht sich, dass dieses Wissen erhalten bleiben möge. Dass übrigens gegenseitiges Übertrumpfen natürlich auch vorkam, war häufig dort gut erkennbar, wo die Gehöfte mehrerer wohlhabender Bauern einen Weiler bildeten.
Blumen aus Afrika im Emmental
Zum besonderen Blickfang des Berner Bauernhauses gehört im Sommer auch ein üppiger Blumenschmuck. Prächtige Geranien, die um 1680 erstmals von Afrika nach Europa kamen und inzwischen zur Schweizer Nationalblume mutiert sind, entzücken das Auge. Sie sind der ganze Stolz der Bäuerinnen und hübschen die uralten Höfe zusätzlich mächtig auf. Ein Berner Bauernhaus ohne Geranien, das ist etwas, das schlichtweg nicht geht, auch wenn das viel Arbeit bedeutet.
Spuren der Neuzeit
Jede agrarische Modernisierung hat Spuren hinterlassen. Es kamen Umnutzungen, Umbauten, Neubauten, Anbauten, die neuen, schweren Maschinen standhalten mussten. Denn die Zahl der Hofbewohner nahm konstant ab. Dort, wo früher fast zwanzig Leute gut lebten, leben heute viel weniger Menschen mit oftmals mehr als einem Beruf und mehr existentiellen Problemen, als man meinen könnte. Teure Maschinen mussten die Arbeit übernehmen und so ist nicht mehr alles erkennbar, wie es in alten Zeiten war. Manch hässlicher, dafür rein zweckmässiger Anbau neuerer Zeit stört das Harmoniebedürfnis des sorgsamen Betrachters. Die Denkmalpflege des Kantons hat ein Auge darauf, dass bedeutendes Kulturgut, wie es auch das Berner Bauernhaus darstellt, so weit als möglich erhalten bleibt. Pflege, Erhaltung und Unterhalt der uralten Höfe sind für die Besitzer sehr kosten- und arbeitsintensiv.
Nach dem Zimmerbezug konnten wir Sänger auf dem weitläufigen Ressort Appenberg die liebliche Hügel-Landschaft bewundern und uns in geselliger Runde ein Apéro auf der Terrasse gönnen. Um 19:30 Uhr hiess es dann, in der Schützenstube zu Tisch sitzen für ein feines Nachtessen. Als Dank wurde hernach für die tolle Küche und das freundliche und beflissene Service-Personal gesungen, unter dem Dirigat von Davide.
Eine noch wache und unternehmenslustige Sängergruppe fand sich später im Bärengraben zum Schlummertrunk ein. Etwas nach Mitternacht suchten die letzten Sänger ihr Zimmer auf und legten sich schlafen. Es hiess ja, am nächsten Tag schon um 7:30 Uhr, zum Frühstück parat zu sein.
Sonntag, 4. Juni 2023
Um 7:30 Uhr gab es ein reichliches Frühstück. Ein wenig bemängelt wurde, dass nur wenig Emmentaler-Käse aufgetischt wurde und davon nur einen mittleren Reifegrad. Dabei gibt es den Emmentaler-Käse in vielfältigster Reifung bis zu höhlengereift. Um 8:30 Uhr startete dann der Vortrag von Herrn Fritz von Gunten (http://www.fritzvongunten.ch/) über das Leben und Wirken von Jeramias Gotthelf (Pseudonym des Schweizer Schriftstellers und Pfarrers Albert Bitzius (* 4. Oktober 1797 in Murten; † 22.10.1854 in Lützelflüe). Es war ein kurzweiliger, spannender Vortrag, der sogar dem schreibenden Emmentaler neue Erkenntnisse über Jeramias Gotthelf gebracht hat.
Um 9:45 Uhr startete die Sängerschar mit dem Car zum Regionalmuseum ‘Chüechlihus’ in Langnau i/E. Dort wurden wir von Frau Bettina Haldemann in Empfang genommen und mit grosser Sachkenntnis durch das grosse Museums-Haus geführt.
Um 11:30 Uhr wartete hernach der Bus auf die Sänger und fuhr sie bei prächtigem Wetter zum Hotel Bären in Sumiswald. Die Geschichte dieses stolzen Gasthofs reicht zurück bis zum Jahr 1434 in Jeremias Gotthelf’s Novelle ‘’Die schwarze Spinne’’. Das erwähnte Jahr gilt als älteste Erwähnung des “Bären”. Zu dieser Zeit war der Bären eine “Taverne”. Der Wirt Stefan Hiltbrunner begrüsste unsere Sängerschar, schaute in die Runde und meinte: «Aha, dir weit’s schön ha u heit Froue nit mitgnoh», damit hatte er uns alle im Sack, die Stimmung war heiter.
Um 12:45 Uhr wurden wir zu einem typisch bernischen Essen, nämlich ‘Bernerplatte’ geladen. Klar, normalerweise ist diese üppige Mahlzeit im Kanton Bern nur in den kälteren Tagen angebracht. Hier ging es aber darum, diese einheimische Spezialität kennenzulernen. Auch der Dessert ‘Meränggeplatte mit Nidle u Glace’ war üppig. Nur Dank dem heisshungrigen Hermann hatte unser Tisch sowie der kleinere Nebentisch am Schluss alles Aufgetischte gegessen. Es war unglaublich, was Hermann alles verspeisen konnte. Er konnte es sogar behalten!
Nach dem Essen wurden noch ein paar Lieder im Fest- und Hochzeitssaal, unter der Leitung von Davide, der auch mit dem Flügel begleitete, gekonnt gesungen. Um 16:00 Uhr folgte dann die schöne Heimfahrt nach Rüti über Luzern, Hirzel, Rapperswil.
Etwa um 17:30 Uhr sind wir nach zwei erlebnisreichen, kurzweiligen und eindrücklichen Tagen wohl etwas müde in Rüti angekommen. An dieser Stelle sei Herbert für die tadellose und ganz tolle Organisation der Männerchorreise 2023 ganz herzlich gedankt. Ein herzliches Dankeschön geht auch an unseren engagierten Chauffeur Rolf für die stets guten und schönen Car-Fahrten.
Rüti ZH, 29. Juni 2023 Der Schreiber: Hansruedi Winiger
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